Mitarbeitende werben Mitarbeitende - was ist dran am Trend?

Fachkräftemangel, demographischer Wandel, Krisenzeiten - für Geschäftsführer*innen ist es zurzeit nicht selten überfordernd, neues Personal zu finden. Daher suchen viele nach innovativen Ideen und Möglichkeiten, die die Suche einfacher gestalten. Eine davon ist das “Mitarbeitende werben Mitarbeitende”-Modell. Hiermit können Sie das Netzwerk Ihres Personals nutzen, um an neue Talente zu gelangen. Wir zeigen, was für Geschäftsführung und auch Angestellte dabei herausspringt.

Mitarbeitende werben Mitarbeitende - ein Trend?

Arbeitswelt | Lesedauer: 6 min | veröffentlicht am 30. März 2023
Zielgruppe: Arbeitgeber und Mitarbeiter*innen
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Mitarbeitende werben Mitarbeitende - was heißt das?

Im Englischen “Employee Referral Program“ genannt, ist dieses Modell eine Strategie, die seit geraumer Zeit im Recruiting mehr und mehr Aufmerksamkeit erfährt. Wie der Name schon andeutet, geht es darum, dass bereits vorhandene Mitarbeitende in den Recruitment-Prozess einbezogen und selbst dazu beauftragt werden, neue Arbeitskräfte für das Unternehmen anzuwerben.

Solch eine Strategie lässt sich aber nicht von heute auf morgen umsetzen. Hinter dem Modell stecken einige Schritte der Planung und Durchführung, die wir Ihnen zeigen wollen.


Schritt-für-Schritt-Anleitung für eine erfolgreiche Einführung in Ihr Unternehmen

Schritt 1:

Definieren Sie den Einstellungsprozess

In erste Linie sollten sich CEOs darüber im Klaren sein, wie der Recruiting-Prozess grundsätzlich strukturiert sein soll. Planen Sie den Prozess

  1. von Stellenausschreibung,
  2. über Screening und
  3. Vorauswahl der Kandidat*innen bis hin zu
  4. den Vorstellungsgesprächen,
  5. der Überprüfung der Qualifikationen und schließlich
  6. der endgültigen Auswahl sorgfältig durch.

Stellen Sie dabei sicher, dass alle Beteiligten die einzelnen Schritte und Ihre Verantwortung, die sie dabei tragen, auch deutlich verstehen und nachvollziehen können.

Schritt 2:

Finden Sie passende Mitarbeiter*innen

Nicht alle Mitarbeiter*innen sind gleichermaßen dafür geeignet, neues Personal zu finden. Oft spielt es eine Rolle, wie viel Zeit eine Person zusätzlich zur alltäglichen Arbeit entbehren kann. Schlüsselfiguren in Ihrem Unternehmen von Ihrer täglichen Arbeit abzuziehen kann selbstverständlich auch nach hinten losgehen.

In erster Linie sollten Sie Angestellte finden,

  • die ein gutes Urteilsvermögen,
  • Kommunikationsfähigkeiten und
  • Netzwerk aufweisen und auch
  • selbst hochmotiviert sind, Ausschau nach neuen Talenten zu halten.

Schritt 3:

Schulen Sie die Mitarbeiter*innen im Recruiting

Ein Vorstellungsgespräch zu führen ist keine Leichtigkeit, immerhin gibt es viele Dos und Don’ts, die es zu beachten gilt. Nicht umsonst ist der Recruiter oder die Personalerin selbst eine Fachkraft, die eine jahrelange Ausbildung vorweisen kann.

Beauftragen Sie diese Fachkräfte, die Laien-Recruiter*innen zu schulen, damit diese das Rüstzeug mitbekommen, dass sie für den Prozess brauchen.

Die Schulung sollte sich vor allem darauf fokussieren,

  • wie man offene Fragen stellt,
  • aktiv zuhört und
  • die Antworten der Bewerber*innen richtig auswertet.

Schritt 4:

Beziehen Sie die Mitarbeiter*innen in das Auswahlverfahren ein

Nun geht es ans Eingemachte: Stellen Sie den Teilnehmenden die Stellenbeschreibung und die erforderlichen Qualifikationen zur Verfügung. Erlauben Sie Ihnen, Lebensläufe und Motivationsschreiben auszuwerten und Feedback darüber zu geben, welche Kandidat*innen in die nächste Phase kommen sollten.

Motivieren Sie ebenjene Mitarbeitenden auch dazu, dass Sie ihr persönliches Netzwerk nutzen, um Talente zu finden, die sich dann ebenfalls auf die Stelle bewerben. Das kann eine Bewerbung eine bestimmte Stelle, oder auch eine Initiativbewerbung sein.

Schritt 5:

Lassen Sie Ihre Mitarbeiter*innen Vorstellungsgespräche führen

Ein Vorstellungsgespräch zu führen, ist eine große Verantwortung. Wenn Sie das Gefühl haben, Ihre Mitarbeiter*innen sind ausreichend geschult, lassen Sie sie an Vorstellungsgesprächen teilnehmen oder gar eigenständig Interviews führen.

Die „Teilzeit-Recruiter*innen“ können zum Beispiel eigene Fragen kreieren und die Bewerber*innen anhand deren Antworten bewerten. Nach den Vorstellungsgesprächen können Sie Feedback-Gespräche mit den Mitarbeitenden führen und deren Input für die Entscheidung in Betracht ziehen

Schritt 6:

Treffen Sie die endgültige Entscheidung

Bei allem Vertrauen, das Sie Ihren neuen Teilzeit-Personaler*innen schenken - die endgültige Autorität über die Einstellung eines neuen Talents sollte immer noch bei den Personalverantwortlichen beziehungsweise der Geschäftsführung liegen.

Berücksichtigen Sie dabei trotzdem das Feedback Ihrer Mitarbeiter*innen, damit diese sich im Recruitment-Prozess auch ernst genommen fühlen und auch bei der nächsten Runde wieder motiviert dabei sind.


Employees recruit Employees: Welche Vorteile haben Arbeitgeber*innen?

Warum das Mitarbeitende werben Mitarbeitende Modell für CEOs und Personalmanager*innen immer mehr Beliebtheit und Relevanz erfährt, ist mit verschiedenen Argumenten leicht zu erklären.

Förderung der Inklusion und Vielfalt am Arbeitsplatz

Erstens kann die Praktik dazu beitragen, eine Kultur der Inklusion und Vielfalt am Arbeitsplatz zu fördern. Wenn Sie Ihrer Belegschaft eine Stimme im Einstellungsverfahren geben, können Unternehmen sicherstellen, dass Bewerber*innen mit unterschiedlichem sozialem Hintergrund und verschiedenen Fähigkeiten berücksichtigt werden. Das kann zu einer innovativeren und gewitzten Belegschaft führen, die besser in der Lage ist, komplexe Herausforderungen gemeinsam zu bewältigen.

Förderung der Motivation und Zufriedenheit Ihrer Mitarbeiter*innen

Zweitens kann die Beteiligung der Mitarbeitenden auch die Motivation und die Zufriedenheit ebenjener fördern. Wenn Angestellte derartige Verantwortung tragen und an solch wichtigen Prozessen mitwirken, fühlen sie sich eher wertgeschätzt und investieren ihre Zeit umso leidenschaftlicher in den Erfolg des Betriebs.

Die Folge: die Motivation, Produktivität und auch Loyalität ihrer Belegschaft nimmt sichtlich zu.

Senkung der Fluktuationsrate

Darüber hinaus kann das Verfahren auch die Fluktuationsrate, also die Rate, mit der ihr Personal wechselt, senken. Das Mitspracherecht beim Einstellungsverfahren kann dazu führen, dass Kandidat*innen eingestellt werden, die, ähnliche wie die bereits Angestellten, zur Unternehmenskultur passen.

Das führt zu einem erschlossenerem Team, das besser in der Lage ist, zusammen zu arbeiten, um gemeinsame Ziele zu erreichen.

Senkung der Recruiting-Kosten

Und schließlich folgt ein Aspekt, den jede*r Geschäftsführer*in gern hört: Das Modell kann die Kosten des Recruitings signifikant senken. Personaler*innen werden damit Tasks abgenommen, die sie sonst von ihrer wesentlichen Arbeit ablenken. Insgesamt wird also nicht nur Geld, sondern auch Zeit gespart.


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Employees recruit Employees: Die Vorteile für Arbeitnehmer*innen

Natürlich stellt sich die Frage für die Mitarbeiter*innen, welche Vorteile für sie bei solchen Programmen herausspringen. In erster Linie empfiehlt es sich daher, ein Belohnungssystem einzuführen. Das können

  • finanzielle Boni,
  • zusätzliche Urlaubstage oder
  • kleine Geschenkgutscheine sein.

 

Das bietet Ihrer Belegschaft einen zusätzlichen Anreiz, sich auch mit vollem Einsatz um neue Talente zu bemühen.

 

Selbst zum Recruiter oder zur Recruiterin zu werden, macht sich außerdem gut im Lebenslauf. Die Praxis schult Mitarbeitende in Fähigkeiten wie Kommunikation, Networking, aber auch Führungsqualitäten. So trägt die Teilnahme also auch zu der individuellen beruflichen Entwicklung der Arbeitnehmer*innen bei, was ein zusätzlicher Motivationsfaktor sein kann.

Darüber hinaus freuen sich Ihre Angestellten natürlich, wenn Sie mit Menschen zusammenarbeiten können, die aus Ihrem eigenen Netzwerk stammen. Das kann die gesamte Teamdynamik stärken und auch die Produktivität steigern - immerhin sorgt es dafür, dass Ihre Angestellten wohlwollend “gemeinsame Sache” machen und sich gegenseitig helfen und ergänzen.

Zuletzt tragen Angestellte mit Ihren Recruiting-Tätigkeiten auch aktiv zum Wachstum und Erfolg des Unternehmens bei. Das kann Ihnen ein bestärkendes Gefühl geben, ein wichtiges Bindeglied im Unternehmen zu sein. Jede*r geht morgens lieber zur Arbeit, wenn er oder sie weiß: ich bin ein unersetzlicher Bestandteil innerhalb meiner Firma - die Identifikation mit dem eigenen Betrieb steigt.


Recruiting durch Mitarbeitende - welche Nachteile können auftreten?

Wie jede Recruitment-Strategie ist auch das Mitarbeitende werben Mitarbeitende Modell mit gewissen Risiken verbunden. So können Angestellte voreingenommen agieren, indem sie Bewerber*innen mit demselben sozialen Hintergrund und Interessen bevorzugen oder gar aus persönlichen Interessen rekrutieren. Tritt dieser Fall ein, wird der bereits genannte Vorteil der Vielfalt obsolet:

Aus Diversität wird eine Monotonie innerhalb der Belegschaft, die Ihr Unternehmen intern, wie auch nach außen hin in ein veraltetes Bild rücken könnte.

Auch wenn das Modell bei korrekter Durchführung Zeit sparen sollte, kann es leider auch zum Zeitfresser werden: Ist zum Beispiel das Schulungsverfahren zu umständlich gestaltet oder nimmt der Recruiting-Prozess zu viel Zeit in Anspruch, kann das Mitarbeitende von ihrer herkömmlichen Arbeitspflichten ablenken und deren Produktivität beeinträchtigen. Achten Sie also darauf, dass Sie Kern- und Zusatzarbeit angemessen ausbalancieren.

Hinzu kommt die Gefahr der Freunderlwirtschaft: Wenn Angestellte versuchen, Freund*innen oder gar Familienmitglieder in den Betrieb einzuschleusen, wird das zu Interessenkonflikten führen – vor allem mit Arbeitskolleg*innen, die aufgrund Ihres Talents und nicht ihrer familiären Kontakte im Betrieb gelandet sind.

Auch die mangelnde Erfahrung im Recruiting kann sich schlussendlich negativ auf den Einstellungsprozess auswirken. So kann ein Laien-Recruiter versteckte No-Go’s beim Bewerbungsgespräch nicht erkennen und daher falsche Urteile fällen. Eine Schulung sollte den ausgewählten Neu-Personaler*innen auch wirklich alle Kernkompetenzen mit auf den Weg geben.

Wir fassen zusammen

Mitarbeiter*innen in den Einstellungsprozess zu integrieren kann sowohl für Unternehmer*innen als auch für Arbeitnehmer*innen profitabel sein. Bei fachgerechter Durchführung eines solchen Programms

  • stärkt es die Unternehmenskultur,
  • senkt die Fluktuationsrate und
  • spart Zeit und Geld.

Es muss jedoch großer Wert daraufgelegt werden, dass Mitarbeitende ausreichend geschult werden und der Recruiting-Prozess klar und nachvollziehbar strukturiert ist.

Nur das kann vermeintliche Nachteile im Keim ersticken. Ein sorgfältiges Monitoring ist also von elementarer Wichtigkeit, wenn Sie dieses Modell in Ihrem Unternehmen ausprobieren wollen.

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